Die Vorbereitung
Die Idee, an der Aktion teilzunehmen, kam in der Telko der SG Presse am Montagabend auf. Die Anwesenden waren sich einig, dass wir uns daran beteiligen sollten. Ich habe daher direkt einen Antrag in den Bundesvorstand gegeben. Parallel hatte ich das Presseteam gebeten eine PM vorzubereiten und bei der IT bzw. meinem Ansprechpartner für die Drupalinstanz der Bundeswebseite, Borys, angefragt, ob und wie das für uns umsetzbar sei. Die Umsetzung des BuVo-Beschlusses war an die Voraussetzung gebunden, dass die IT es hinbekommt.
Der Umlaufbeschluss im Bundesvorstand wurde über Nacht angenommen, die vierte benötigte Pro-Stimme wurde um 09:25h am Dienstagmorgen abgegeben. Ebenfalls über Nacht bekam ich von Borys die Info, dass erst am Nachmittag gesagt werden könne, ob die Aktion umsetzbar wäre. Diese Info kam um 16:06 bei mir an. Die Pressegruppe hat ab 16:38 Uhr die vorbereitete PM zu dem Thema versandt und auf die Webseite gestellt.
Zwischen 17:27 und 17:45 habe ich mit Borys geklärt, dass die Aktion laufen kann und ihm einen Kontakt zum Presseteam, Lena, vermittelt. Borys schrieb sie um 17:45 auf Twitter mit der Bitte an, sich wegen SOPA zu melden, woraufhin Lena ihm um 17:48 eine E-Mail mit Frage schickte, was sie für ihn tun könne. Borys antwortete um 18:02 mit der Frage, was das Presseteam bezüglich SOPA vorhabe und was auf der Homepage eingeblendet solle. Lena leitete die Konversation in ihrer Antwort um 18:05 im Cc auf die Mailingliste der SG Presse. Parallel kam von mir Direkt im Anschluss an die Presse- und Webseitengruppe eine Mail mit dem aktuellen Status, inklusive der finalen Info, dass die Aktion starten kann. Borys wurde mitgeteilt, dass das Presseteam eine PM herausgegeben und ansonsten nichts weiter vorhabe, die Frage, was als Erklärungstext auf der Website eingeblendet werden solle also noch offen sei. Die Frage wurde im Team diskutiert, mehrheitlich war man der Meinung, dass die PM eingeblendet werden solle. Borys schrieb, die Entscheidung dazu solle bis 9 Uhr am Folgetag fallen, woraufhin Mitglieder der Pressegruppe sich wunderten, nach dem Grund dieser Uhrzeit fragten und schrieben, die Seite solle doch um 0 Uhr offline, andernfalls gebe es einen Pressegau. Die IT gab daraufhin, am Abend um 22:30 Uhr, zu verstehen, dass ein Umschalten der Seite nicht vor 14 Uhr möglich sei; dies sei der Zeitplan. Ein Fehler war offensichtlich, dass zum Zeitpunkt des PM-Versandes die IT und die Presse von unterschiedlichen Timings ausgegangen sind. Die Pressegruppe ging von 24 Stunden aus und gab dies in der PM auch so an, die IT kannte offensichtlich diesen Zeitrahmen nicht.
Inzwischen konnte ich herausfinden, woher dieser Zeitplan kam: Es war einfach der einzige, der bei dem IT-Team bekannt war. Andere Webseiten haben offensichtlich nur zu diesen Zeiten abgeschaltet, eine andere Zeit war dem Team nicht bekannt. Von Seiten des Presseteams, ebenso wie von mir, wurde angenommen, dass der Zeitplan "0 Uhr bis 0 Uhr" allgemein bekannt ist. Die beteiligten Personen in der IT waren nicht auf Twitter oder Mailinglisten unterwegs und haben dementsprechend die vielen Vorbereitungen in den Landesverbänden einfach nicht mitbekommen. Wahrscheinlich war für alle anderen diese Info so selbstverständlich, dass niemand daran gedacht hat, sie explizit noch einmal weiterzugeben.
Tatsache war nun also, dass die IT gemeldet hatte, sie könne nicht vor 14 Uhr loslegen. Damit war das Kind aus meiner Sicht bereits in den Brunnen gefallen und es gab zu diesem Zeitpunkt nichts das wir hätten tun können, außer uns für den Sturm zu wappnen und auf das Beste zu hoffen. Offen gestanden habe ich nicht damit gerechnet, dass dies zu derartigem Aufruhr führen würde. Das war offensichtlich ein Fehler von mir. Ich hätte noch einmal nachhaken können, ich hätte auch andere Kontakte aus der IT miteinbeziehen können. Ich hielt dies nicht für sinnvoll, da ich die ohnehin schon überlastete Bundes-IT nicht noch mehr stressen wollte. Normalerweise verzögert eine Überhäufung mit Nachfragen das Ergebnis nur noch weiter.
Der Aktionstag
Nachdem nun die Webseite also nicht wie erwartet um Mitternacht schwarz wurde, gab es heute früh viele Nachfragen. Es gab Angebote von zahlreichen Personen, die Vorlagen der LVs zu nutzen. Ich habe dies kurzfristig mit Borys besprochen. Leider stellte sich erst jetzt heraus, dass einfach auf eine Vorlage gewartet wurde. Diese wurde andernorts erstellt. Das war der zweite Fehler: Bei der zuständigen Stelle in der IT war nicht angekommen, dass viele LVs schon verwendbare Vorlagen haben. Ich wiederum bin kein ITler. Ich kann nicht programmieren, ich habe keine Ahnung von Servern und ich weiß auch nichts über Drupal. Ich kann schlicht und ergreifend nicht beurteilen, welche Schwierigkeiten es dort möglicherweise gibt - darum muss ich darauf vertrauen, dass das, was mir von Leuten die sich auskennen mitgeteilt wird, richtig ist. Und wenn mit der zuständige ITler sagt, dass es um Mitternacht nicht geht, dann muss ich ihm glauben und habe wenig Möglichkeiten, qualifizierte Nachfragen zu stellen. Dass es lediglich an einer Vorlage haperte hatte sich mir einfach nicht erschlossen. Das war ein Kommunikationsfehler, den man den Beteiligten vorwerfen kann, aber nicht muss - er ist allzu menschlich.
Nichtsdestotrotz: Der Fehler war nun erst einmal identifiziert, und wir konnten an der Lösung arbeiten. Ich habe um 9:08 auf die Vorstandsmailingliste geschrieben und darum gebeten, dass verwendbare Vorlagen an die richtige Adresse gesendet werden. Hier gab es noch einen Fehler: Einen Typo in der angegebenen Mailadresse. Darum hat es länger als erwartet gedauert, bis die Vorlage bei der richtigen Person ankam.
Im allgemeinen Trubel, der sich aus der Berichterstattung ergab, kam die Info, dass die Seite gesperrt werden sollte, dann um 11:40 bei Rüdiger aus der Bundes-IT an, der binnen fünf Minuten die notwendigen Änderungen vornahm. Um 11:45 Uhr wurde die Seite endlich schwarz.
Wiki
Parallel dazu gab es einen zweiten Fall, der nur scheinbar mit der Webseite zu tun hatte. Er wird dem selben Team angelastet. Um das klar zu stellen möchte ich darauf noch kurz eingehen. Es geht natürlich um das Wiki. Ich wurde heute früh darauf hingewiesen, dass das Wiki im Rahmen der SOPA-Aktion dichtgemacht wurde. Ich habe daraufhin alle mir zur Verfügung stehenden Kontakte in der Bundes-IT angeschrieben, und darauf hingewiesen, dass dies weder gewünscht noch besprochen war, explizit nicht vom getroffenen Vorstandsbeschluss gedeckt war, und darum gebeten, das sofort rückgängig zu machen. Mir wurde recht schnell mitgeteilt, dass der SOPA-Banner im Wiki zum einen wegklickbar sei, zum anderen bereits entfernt wurde. Zu diesem Zeitpunkt musste ich zur Arbeit und hielt das Problem für erledigt. Leider habe ich dann im Laufe des Nachmittages mitbekommen, dass das Wiki nun endgültig nicht mehr erreichbar war. Inzwischen wurde mir in zwei Emails erklärt, was dort geschehen ist. Eine davon lief über die öffentliche Vorstandsliste, daher erlaube ich mir, diese hier zu zitieren:
Ich hatte das, da ich auch Admin im Wiki bin, um 24.00 Uhr geschaltet und es war wegklickbar. Daraufhin hat sich Gefion um 9.00 Uhr bei der Bundes-IT beschwert, was das denn soll? Ein anderer Admin hat meine Schalte dann rückgängig gemacht und kurz vor Mittag hat die Bundes-IT dann den, dem Wiki vorgeschalteten, Server, abgeschaltet. Das war auch nicht mit der AG Wiki und den Koordinatoren des Wiki abgesprochen. Tja, dumm gelaufen. :( Egal, heilt ja von alleine und morgen ist der Spuck vorbei. Heißt ja auch Streik und da soll man nicht arbeiten und der soll weh tun. Also Kopf hoch und geht mal raus und sprecht mal offline mit den Leuten. :)
Inzwischen habe ich erfahren, dass einer der Admins den Sopa-Banner auf das Wiki gelegt hat. Dies gründete sich auf ein Missverständnis: Es wurde eine Mail auf dem Kontext der Bundeswebseite irrtümlich auf das Wiki bezogen. Alternativ wurde http://no-sopa-wiki.piratenpartei.de/Hauptseite als Übergangslösung angelegt.
Was lernen wir daraus?
Genau genommen nichts Neues: Nichts geht über klare Kommunikation. In diesem Fall war die Kommunikation nicht an allen Stellen optimal, obwohl sie im Grunde funktioniert hat. Was wir also beim nächsten Mal besser machen können:
- Von Anfang an alle Beteiligten besser vernetzen
- Gleich zu Beginn alle klar briefen und uns zwischen allen Beteiligten intensiver austauschen
- Lieber eine Information zu viel, als eine zu wenig: Also auch über Dinge sprechen, die allen Beteiligten eigentlich selbstverständlich erscheinen (in diesem Fall wäre das die Uhrzeit gewesen): Manchmal halten verschiedene Gruppen verschiedene Dinge für selbstverständlich.
Was mir noch wichtig ist
Der Hauptgrund, warum ich mir die Arbeit mit diesem Blogbeitrag gemacht habe, war neben der Aufklärung des Vorfalles das Aufdecken der gemachten Fehler. Und zwar, weil jemand, der auf die Fresse kriegt sich immer eher wehren wird, als sich zu fragen ob er die Schläge vielleicht verdient hat. Hinterher wird er sich über die Schläge beschweren und seine Wunden lecken, statt sich zu fragen was der Grund dafür war. Kurz gesagt: Wenn wir jeden Fehler der gemacht wird als #fail shitstormen, nehmen wir uns die Möglichkeit, aus diesen Fehlern zu lernen. Darum hoffe ich, dass wir nun alle aus dieser Erfahrung lernen können - und vielleicht schaffen es die Piraten ja sogar, beim nächsten #failmegagate miteinander zu reden und den Dingen auf den Grund zu gehen, ohne mit Vorwürfen und Beschimpfungen um sich zu werfen. Dann wäre es die Arbeit heute gleich doppelt wert gewesen.