Wednesday, 19 March 2014

Ich will eure Labels nicht

TL;DR: Ich bin weder ein Nazi noch ein Linksextremist, keine Feministin und auch kein Fan der Antifa. Ich verabscheue Gewalt - körperliche wie verbale. Ich gehöre nicht zur Peer-Group von irgendwem, und ich will solche Labels nicht. Wenn ich etwas bin, dann pragmatisch. Alles was ich will ist einen guten Job machen und der Verantwortung, die mir in Bremen übertragen wurde, gerecht werden. 


Meine Rolle im BuVo

Ich bin bei der BuVo-Wahl in Bremen angetreten mit dem Plan, Verwaltung bzw. Orga zu machen. Weil ich Orga kann. Weil ich Orga gerne mache. Und weil ich mit der Arbeit, die ich in der Orga leisten kann, den Leuten, die politisch arbeiten, den Rücken freihalten kann.

Das habe ich von Anfang an in der Partei so gehalten: Ich habe nie einen Programmantrag geschrieben, nie in einer politischen AG mitgearbeitet. Stattdessen habe ich Stände auf Stadtteilfesten organisiert. Die Flaschenpost aufgebaut, und später die Pirate Times. Mit den Servicegruppen eine neue Struktur für den organisatorischen Backbone in der Partei aufgebaut, der sich bis heute bewährt.

Und jetzt gerade - ja, jetzt gerade organisiere ich einen Europawahlkampf. Und versuche eine Struktur für innerparteiliche Bildung hoch zu ziehen. Und neuerdings kümmer ich mich auch um PShop und Fundraising. Das alles hört nicht auf, nur weil der Bundesvorstand als Gremium laut Satzung handlungsunfähig ist. Ich kann nicht einfach den Stift fallen lassen und nach Hause gehen. Die Arbeit muss gemacht werden. Ihr habt mich dafür gewählt. Nun habt doch auch bitte das Vertrauen, dass ich liefern werde was ich versprochen habe. Das ist nach wie vor alles was ich will: Einen guten Job machen, und den Leuten, die Politik machen, und denen, die in der ersten Reihe stehen, den Rücken frei halten.

Dass ich noch Teil dieses (kommissarischen) BuVos bin liegt nicht an Seilschaften oder politischen Meinungen, die ich vertrete oder nicht. Ich bin nicht hier um Probleme auszusitzen, sondern um die Probleme die ich lösen kann zu lösen - und somit meinem Verständnis von Verantwortung gerecht zu werden. Die aktuelle Diskussion, (den "Richtungsstreit") in konstruktive Bahnen zu lenken sehe ich als essenzielle Aufgabe des Vorstandes. Ich halte dafür große Stücke auf das Konzept von Caro, die daran bereits seit Wochen arbeitet. Dieses Problem schließlich zu lösen hingegen ist nicht Aufgabe des Vorstandes - das muss die Partei insgesamt tun. 

Die Situation der Partei

Aktuell scheint es leider unmöglich zu sein, einfach nur meinen Aufgaben nachzukommen. Nicht, weil ich meinen Job nicht oder schlecht machen würde. Sondern weil die Leute, von denen ich erwarte, dass sie Politik machen, stattdessen lieber übereinander herfallen. Weil sie sich intern zerfleischen statt Gemeinsamkeiten zu suchen. Weil die internen Differenzen wichtiger zu sein scheinen als die Differenzen mit unseren politischen Gegnern. Das enttäuscht mich.

Ich bin 2009 in eine "Netzpartei" eingetreten; "die mit dem Internet". Ich habe schon 2010 gesagt, dass "die Piratenpartei die einzige ist, die sich nicht an Vergangenheit oder Gegenwart orientiert, sondern auf die Zukunft konzentriert ist." Und damals habe ich das geglaubt. Und eigentlich glaube ich das auch heute noch. Inhaltlich ist diese Partei immer noch meine Heimat. Ich bin eingetreten weil mir Bürgerrechte wichtig sind. Aber ich sehe die roten Fäden zwischen all unseren Themen, und kann hinter unserem Programm insgesamt noch stehen. Auch wenn ich meine Zweifel an der Umsetzbarkeit eines BGE habe. Auch wenn ich nicht im Detail beurteilen kann, wie lange Schutzfristen im Urheberrecht nun sein sollen.

Ich finde mich inhaltlich in dieser Partei auch heute noch wieder. Trotz "Richtungsstreit". Ich muss meine "Netzpartei" nicht "reclaimen", denn sie ist zu keinem Zeitpunkt nicht mehr meine gewesen. Und wenn es so wäre - ja, dann wäre das doch meine eigene Schuld. Ich kann doch jederzeit in dieser Partei politisch arbeiten. Ich kann in eine AG gehen und dort meine Standpunkte in Programmanträge einfließen lassen. Ich kann Infostände machen und dort das was diese Partei für mich ist den Bürgern näher bringen. Ich kann Aktionen planen, die uns mit der Message, die ich verbreiten will, in die Medien bringen. Ich persönlich tue das alles nicht, weil ich Orga mache - welche Entschuldigung habt ihr?

Was mich stört ist nicht die politische Richtung in unserer Partei, sondern die Methoden, mit denen versucht wird sie durchzusetzen. Wir beweisen gerade, dass das was wir politisch wollen - mehr Mitbestimmung - nicht funktionieren kann. Und das finde ich schade, denn es müsste nicht so sein. Wir haben das Potential, es besser zu machen, und dann versemmeln wir es. Es muss nicht so sein, dass nur "die Lauten" gewinnen. Es ist nicht notwendig die Partei zu spalten - weil jeder einzelne hier seine Gründe hat, genau jetzt, genau hier zu sein. Und eben nicht bei der FDP, der Linken oder den Grünen.

Wir müssen endlich lernen mit diesen Differenzen zwischen unseren Flügeln konstruktiv umzugehen, statt darüber zu streiten was nun die einzig wahre Piratenmeinung sein darf. Die Wahrheit ist, dass es die nicht gibt, auch gar nicht geben kann, und damit diese ganze Diskussion nur in Selbstzerfleischung enden kann. Aber: Es gibt in allen Gruppen bei uns Gemeinsamkeiten. Diesen gemeinsamen Kern müssen wir wieder freilegen. Das müssen wir alle gemeinsam tun.

Statement-Wahn oder die Position des BuVo im Richtungsstreit

Es bringt in diesem Kontext nichts den BuVo ständig nach Statements zu fragen. Insbesondere nicht Statements zu Selbstverständlichkeiten. Natürlich habe ich ein Problem mit Gewalt. Natürlich halte ich Gewalt nicht für ein legitimes Mittel der politischen Willensbildung. Das ist genau so natürlich wie dass der Himmel blau ist (okay, und manchmal grau). Darum distanziere ich mich aber auch nicht ständig davon, dass irgendwelche Parteimitglieder andere Farben proklamieren. Wenn ich das einmal anfange, muss ich befürchten damit nie wieder aufzuhören. Darum fange ich mit sowas gar nicht erst an. Das ist keine inhaltliche Frage, sondern eine des Prinzips, nach dem ich arbeite.

Welche Position der BuVo "privat" vertritt muss für das Gremium sowieso unerheblich sein. Der Bundesvorstand vertritt die GESAMTE Partei, nicht sich selbst. So wie Angela Merkel - entschuldigt das Beispiel - die "Kanzlerin aller Deutschen" ist. Als Mitglied des Gremiums muss man beides trennen können. Das tue ich, konsequent, und halte es für den einzig gangbaren Weg.

Was ich eigentlich sagen will

Für mich funktioniert es trotz Richtungsstreit und Shitstorms einen Job zu machen, der für die Partei erledigt werden muss. Ich glaube nach wie vor an das gemeinsame Ziel dieser Partei, und ich bin bereit dafür zu arbeiten, dass wir dieses Ziel (wieder)finden und dann gemeinsam erfolgreich sind. Das macht mich nicht zu einem Mitglied irgendeiner Peer-Group, die sich eine andere zum Feind gemacht hat. Es sollte mich überhaupt nicht zum Feind von irgendwem machen. Sondern einfach nur zu einem Piraten, der seinen Job macht. Also bitte, spart euch die Labels und lasst ihn mich machen.