Monday, 13 February 2012

Einstellung eines Bundespressesprechers

Die Außendarstellung und Vertretung der Piratenpartei ist eine der wichtigsten Aufgaben des Bundesvorstandes. Nicht zuletzt darum ist Sebastian nahezu jede Woche in Deutschland und Europa unterwegs, nicht zuletzt darum war und ist Marina als "Gesicht der Partei" für die Medien so wichtig - ob man das gut oder schlecht findet sei hier hintangestellt. Die Außenvertretung und Repräsentation ist eine essenziell wichtige Aufgabe, um unsere Partei voranzubringen.

Der Vorstand kann nicht alle hier anfallenden Aufgaben alleine übernehmen. Das wäre schon rein zeitlich nicht möglich. Darum haben wir einen  Pressesprecher und seinen Stellvertreter beauftragt, dem Vorstand einen Teil dieser repräsentativen Aufgaben abzunehmen. Christopher Lang und Aleks Lessmann betreuen nicht nur unsere "Pressehotline", sondern haben auch zahlreiche Kontakte zu Journalisten, geben selbständig Stellungnahmen ab und arbeiten zentral in der Pressegruppe mit, zum Beispiel bei der Freigabe von Pressemitteilungen.

Nach dem Wahlerfolg in Berlin hat sich - wie wir alle wissen - viel verändert, das Medieninteresse an der Piratenpartei ist stark gestiegen. Nicht zuletzt für unsere Pressesprecher hat sich ganz erheblich der Arbeitsaufwand erhöht. Das hat auch Einfluss auf die ursprüngliche Definition des Aufgabenbereiches des Pressesprechers. Um dieser neuen Belastung zu begegnen war ich vor einigen Wochen in Berlin, um dieses Aufgabenspektrum neu zu definieren. Zufällig fiel mein Besuch mit der Ankündigung von Marina zusammen, nicht noch einmal zu kandidieren, was dafür gesorgt hat dass ich einen guten Einblick in einen klassischen "Arbeitstag" des Pressesprechers gewinnen konnte. Dies wiederum war eine gute Grundlage für die folgende Arbeit.

Vor meinem Aufbruch hatte ich den Vorstand gebeten, mir die individuellen Ansprüche und Wünsche für die Arbeit des Pressesprechers mitzuteilen. Denn nur wenn wir wissen, was wir für Erwartungen haben, und diese im  Rahmen eines klaren Aufgabenschemas definieren, können wir auch beurteilen, ob diese Erwartungen erfüllt werden. Christopher und ich haben auf dieser Grundlage zwei Tage lang besprochen, womit er seine Zeit verbringt, welche Teilaufgaben welche Zeit in Anspruch nehmen und welche Ansprüche und Prioritäten der Bundesvorstand für seine Arbeit hat. Diese Ansprüche haben wir kategorisiert und priorisiert. Auffallend war, dass alle Vorstandskollegen einen verstärkten Fokus auf die persönliche Kontaktpflege mit Medien und Journalisten legten. Das Ergebnis haben wir in dieser Tabelle verdichtet. Die Prozentangaben ist der Anteil der Gesamtarbeitszeit, der jeweils mit dieser Aufgabe zugebracht werden soll. Natürlich wird es dabei immer wieder Verschiebungen in die eine oder andere Richtung geben, aber über einen längeren Zeitraum gesehen sollte es damit hinkommen.


Ein Blick auf den Umfang des Aufgabenbereiches zeigt recht deutlich, dass mit steigender Arbeitsbelastung die Erfüllung der Aufgaben im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht mehr möglich ist. Die meisten Aufgaben in der Öffentlichkeitsarbeit der Piratenpartei lassen sich crowdsourcen - Schreiben von PMs, Lektorat etc. Die programmatische Arbeit findet sowieso meist am Abend statt. Interviews und Talkshows lassen sich weitestgehend nach den eigenen Möglichkeiten terminieren. Aber die Erfüllung der Aufgabe des Pressesprechers ist dann notwendig, wenn die Presse arbeitet. Und das ist trotz Internet und beschleunigter Kommunikation, zu "normalen" Arbeitszeiten. Was es dann wiederum für den Pressesprecher unmöglich macht, einem normalen Job nachzugehen: Kaum ein Chef ist so nachsichtig, dass er über eine ständige Unterbrechung der Arbeitszeit für ein Ehrenamt einfach so hinwegsieht.

Wir stehen also vor der Wahl, ob wir den Pressesprecher in einem Ehrenamt belassen - auf die Gefahr hin, dass er durch andere Arbeitszeiten das Ehrenamt nicht nach unseren Erwartungen ausfüllen kann - oder einen "stetig" verfügbaren Pressesprecher haben wollen - der zeitnah auf Anfragen reagieren kann, uns dafür aber etwas kostet. Wir haben im Vorstand eine ganze Weile diskutiert, wie wir diese Problematik lösen können. Das Resultat dieser Diskussionen ist, dass wir uns einig sind, dass wir dem Pressesprecher eine sozialversicherte Anstellung ermöglichen müssen.

Vorsorglich hatte ich zu meinen Gesprächen in Berlin auch unseren Bundesschatzmeister René eingeladen. Mit ihm sind wir detailliert durchgegangen, was für Kosten anfallen, und welche Bezahlung möglich ist. Priorität hatte dabei, dass die Anstellung sozialversicherungspflichtig ist, weil es eben nicht möglich ist, nebenbei noch einen anderen "normalen" Job auszuüben, der für Kranken-, Renten und Arbeitslosenversicherung sorgt. Damit stand schnell fest, dass die Bezahlung mindestens 800,-€ / Monat betragen muss. Auf Grund der steigenden Mitgliederzahl hat sich die finanzielle Situation im Bundesverband entspannt, so dass wir uns eine Stelle mit einem maximalen Gehalt von 800,00 Euro leisten können.

Auf Stundenbasis entspricht das Gehalt des Bundespressesprechers somit dem Gehalt unserer Leiterin der Bundesgeschäftstselle, liegt aber immer noch weit unter einer branchenüblichen Vergütung - das Durchschnittsgehalt eines professionellen Pressesprechers liegt bei etwa 3.500 €. Mehr kann sich die Partei in der aktuellen Situation aber leider nicht leisten. Dem Gehalt hinzuzurechnen sind die Arbeitgeberabgaben und Auslagen die im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Bundespressesprecher entstehen. Die jährlichen Kosten einer solchen Anstellung belaufen sich demnach auf ca. 20.000 Euro. Daher werde ich auf der nächsten Vorstandssitzung den Antrag stellen, 20.000 Euro für eine, zunächst auf ein Jahr befristete, Anstellung eines Bundespressesprechers mit 20 Stunden pro Woche zur Verfügung zu stellen und diese Stelle kurzfristig auszuschreiben.